13. Apr. 2018
Kommentar: Wie Verlage heimlich Konditionen kürzen

Das Niveau der Bücherpreise blieb laut Statistischem Bundesamt im ersten Quartal kumuliert mit 106,5 Punkten weiter deutlich unter der bisher aufgelaufenen Inflationsrate mit 110,3 Punkten. Mit anderen Worten: Verglichen mit 2010 liegen sie 3,6 Prozent unter dem allgemeinen Anstieg.

 

Das betrifft übrigens alle Buchhandlungen, die Titel von der Bestsellerliste verkaufen. Denn Destatis wertet nur die Titel auf den Bestsellerlisten aus. Also betrifft es alle Buchhandlungen. Und im Folgenden dürften sich deshalb vor allem die großen Verlage angesprochen fühlen.

 

Wir rechnen es gern vor: Ein Buch, das 2010 noch 19,99 Euro gekostet hat, kostet heute 21,29 Euro. Entsprechend der Inflationsrate müsste aber 22,05 Euro als Verkaufspreis hinten draufstehen, um auf Niveau zu kommen. 76 Cent mehr. In heutigen Zeiten wird das kaum ein Kunde merken.

 

Wer auf (bitte glatte Zahlen!) 22,30 Euro ginge, macht das Buch nur um 1,01 Euro teurer und hat für ein bis drei Jahre Ruhe. Und er leistet einen Beitrag, dass der Inhaber nicht nur mit Preissteigerungen bei Personal, Miete etc. klarkommt, sondern auch mal selbst eine überfällige Gehaltserhöhung bekommt.

 

Man könnte es auch so ausdrücken: Verglichen mit 2010 zahlt der Buchhändler, der im Schnitt seit acht Jahren für 40 Prozent ein Buch dieser Peis-Kategorie eingekauft hat, nur für bisher entstandene Mehrkosten 30 Cent aus eigener Tasche. Und das allein im ersten Quartal in diesem Jahr.

 

Oder noch anders gesagt: Der Buchhändler, der das 21,29 Euro-Buch mit 40 Prozent Rabatt einkauft, müsste eigentlich heute 41,3 Prozent bekommen. Dann hätte er das Äquivalent von 40 Prozent auf 22,05 Euro. Ihm fehlen also 1,3 Punkte Rabatt. Oder anders gesagt: Die Verlage haben ihm die Konditionen durch die ausgebliebene Preisgestaltung um diese Höhe gekürzt.

 

Wer gar 50 Prozent ausgehandelt hat, müsste heute eigentlich 51,8 Prozent bekommen, um seine Kosten zu decken. Doch das geht eigentlich aus Gründen der Preisbindung nicht.

 

Nun wissen wir alle, dass die großen Buchhandlungen den preisbindungsrechtlich möglichen Höchstsatz von 50 Prozent bekommen (an Plus-Spekulationen beteiligen wir uns nicht). Selbst die Guten, die diese Grenze nicht überschreiten, müssen, nur um ihren Gewinn nicht weiter schrumpfen zu lassen, für den oben erwähnten Titel dieser Preiskategorie eigentlich 51,8 Prozent verlangen. Kaufmännisch gesehen können sie gar nicht anders als mehr zu fordern.

 

Man könnte es auch branchenpolitisch ausdrücken: Wer die Preisbindung nicht untergraben will und nicht die großen Buchhändler dazu zwingen will, die 50-Prozent-Marke weiter zu verletzen, der muss sich bei der Preisgestaltung bewegen. Verlage, die das nicht tun, sind eigentlich gerade dabei, das Preisbindungssystem zu unterlaufen und in Frage zu stellen.

 

Verlage, die also den Konditionenverhandlungen entgehen wollen, könnten den Mehrwert für den Handel bequem über den Preis generieren. Sollten sie dazu keine Lust haben, hat der Buchhandel nur die Chance, den Druck weiter durch die Konditionenverhandlung auszuüben.

 

Auch Sicht der Statistik müssten die Konditionenverhandlungen in Zukunft so lauten: Lieber Verlag, deine Preise sind nur um xy Prozent gestiegen. Nach Entwicklung der allgemeinen Inflationsrate (oder allgemeiner Entwicklung der entscheidenden Kostenfaktoren wie Mitarbeiter, Miete etc.) müssten Deine Preise aber das Niveau von yz Prozent haben. Entweder gibst Du uns den entsprechend höheren Rabatt oder Du passt die Preise an.

LD

 


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