Durch die Corona-Krise ist der Online-Umsatz in den Buchhandlungen deutlich gestiegen. Und das Niveau konnte sogar gehalten werden. In unserer Serie mit Gudula Buzmann und Janina Grönik sowie Verena Scholten vom Barsortiment Könemann stellen wir die Frage, wie man mit der veränderten Nachfrage umgehen kann und was das für die Pflege der Webseite bedeutet. Heute, in Teil 1, Fragen an Betriebsberaterin Gudula Buzmann:
LD: Inwiefern hat die Webseite mit der Corona-Krise eine neue Bedeutung bekommen?
Buzmann: Jetzt merkt es jeder, denn click & collect ist in den Medien über Berichte und Werbung sehr präsent. Kunden wissen oft nicht, dass es die Buchhandlungen schon lange können – und die reine Länge des Könnens ist übrigens auch nicht relevant. Statt: „Wir haben click & collect schon seit Jahren“ (rein zeitliche Information auf der hörbaren Ebene), kann man daher die Kundenverbindung stärken, indem man die unterschwellig enthaltenen, mitgemeinten Informationen offen anspricht. Bei einer Buchhandlung kann das: „Wir haben bereits viel Erfahrung damit“ (Erfahrung vermittelt Professionalität), bei der anderen der Hinweis auf 24/7 Erreichbarkeit für Bestellungen und Click-in-der-Stadt-lassen sein.
Bisher war die Webseite immer mit vielen Standard-Inhalten der Großhändler befüllt. Ändert sich das gerade? Lernen die Buchhändlerinnen und Buchhändler um?
Buzmann: JEIN. Sehr viele Buchhandlungen hatten bereits vorher kontinuierlich oder zumindest phasenweise eigene Inhalte. Wer kontinuierlich einpflegt, hat Homepage und Social Media weit oben auf der Marketing-Prioritätenliste, hat selbst eine hohe Affinität dazu oder jemanden im Team, der fit ist, und hat in der Regel über die Resonanz erfahren, dass sich der Aufwand lohnt (von Bekanntheit bis Umsatz über die gewählten Kanäle). In einigen Buchhandlungen wurde auch bewusst entschieden, im Webshop die Standardinhalte zu nehmen, weil die Zielgruppen vorrangig auf anderen Social-Media-Kanälen unterwegs waren bzw. sind. Interessant dabei ist, dass diese Entscheidung manchmal im Lauf der Zeit ebenso bewusst revidiert wird. Wenn die Bekanntheit steigt und sich der Kreis der Zielgruppen erweitert (oder die bisherigen Zielgruppen in eine andere Lebensphase eintreten), kann sich die Priorität ergänzend in Richtung Webshop verschieben. Vermutlich ändert sich erst langsam, dass die Standard-Inhalte der Großhändler durch individuelle Inhalte ersetzt werden. Standard ist ja auch nicht per se schlecht, denken wir nur an die rasche Reaktion auf literarische Top-News, die kurz darauf schon im Webshop im Banner auftauchen.
Worin liegt die Herausforderung bei mehr Individualisierung?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass eine Buchhandlung immer wieder entscheidet, ob sie den Standard lässt oder eigene Inhalte einstellt. Es ist in Ordnung, phasenweise auf den Standard zurückzugreifen, wenn zeitlich keinerlei Chancen auf Individualisierung bestehen. Allerdings werden alte eigene Inhalte dann leider auch oft vergessen, sodass der Shop ungepflegt wirkt. Wünschenswert wäre, dass jede Buchhandlung für sich „lernt“, mit welchen Routinen bei der Gestaltung im Alltag am besten das Dranbleiben möglich ist. Eine Routine würde dann aber dazugehören: bei personellen Engpässen sich auf jeden Fall die Zeit nehmen, alte Inhalte offline zu stellen und die Standardinhalte bis auf weiteres wieder aktivieren.
In den letzten Jahren lautete die Predigt: Social Media. Ändert sich da etwas in der Prioritätenliste? Wie sieht diese heute aus?
Prioritäten ändern sich ständig, von „Shop first“ zu Facebook zu Instagram etc. Das, was man kann und wo man sich zuhause fühlt, sollte man konsequent machen. Weniger ist im Zweifel mehr, dafür immer aktuell sein und am Ball bleiben. Aus strategischer Sicht kann man einmal im Jahr seine Online-Aktivitäten grundlegend prüfen und sich ggf. neu orientieren.
Was bedeuten die Erfahrungen mit der Webseite für die Zeit „nach“ Corona? Worauf kommt es heute an?
Heute kommt es wohl vor allem darauf an, Neukunden zu halten, die den Shop neu entdeckt haben. Das gelingt über Abwechslung und attraktive Inhalte sowie eine gute online-offline-Verknüpfung, bei allen „Touchpoints“ auch auf den Shop hinzuweisen, ohne dass es langweilt. Die Shop-Umsätze verfolgen, täglich auf die Seite schauen, denn Kunden sind informiert. Man sollte die Wertigkeit der Webseite auf hohem Niveau halten und weiter an der Vielfalt der Vertriebswege und digitalen Möglichkeiten dranbleiben.
Buzmann