13. Mär. 2019
"Weil im Internet kaufen langweilig ist"

Debora Fikentscher: In die Stadt zu gehen ist wie ein kleiner Urlaub zwischendurch.
Debora Fikentscher: In die Stadt zu gehen ist wie ein kleiner Urlaub zwischendurch.

Auf dem großen Branchentreff in Leipzig nächste Woche stellen Beraterin und Coach Ellen Braun und Langendorfs Dienst, gesponsort von der Leipziger Buchmesse, wieder Ideen für eine lebendigere Innenstadt vor. Unter anderem holen wir Bloggerin Debora Fikentscher und ihren Mann, den Fotografen Mirko Fikentscher, auf die Bühne. Die beiden Social-Media-Influencer haben bundesweite Aufmerksamkeit erreicht, weil die oberfränkische Stadt Hof sie offiziell angestellt hat. Wir haben mit Debora Fikentscher vorab gesprochen.

 

LD: Wie ist einkaufen-in-hof.de entstanden? Gab es einen Anlass, der zu der Idee führte?

Debora Fikentscher: Ich war in Hof schon eine bekannte Bloggerin. Ich wollte zeigen, was es bei uns Besonderes gibt. Dazu muss man sagen, dass es in Hof noch viele Boutiquen gibt, bzw. inhabergeführte Geschäfte und wenig Filialisten. Und dann hat mich die Stadt angefragt, ob ich für die Stadt bloggen würde.

 

Aber die Läden sind mit ihrer Präsenz vor Ort eigentlich nicht zu übersehen. Warum ist es trotzdem notwendig, sie auf einem Blog bzw. auf den Social-Media-Kanälen sichtbar zu machen?

Weil viele sie tatsächlich nicht kennen. Das gilt zum einen für die vielen Touristen, die in die Stadt kommen. Aber auch viele junge Leute wissen nicht, was es in der Stadt zu entdecken gibt. Viele sagen dann, „echt, das gibt es bei uns, toll, da muss ich mal gucken gehen“.

 

Mit anderen Worten, junge Leute wissen was im Internet läuft, aber nicht, was in ihrer Stadt passiert?

Naja, im Internet passieren auch die coolen Sachen. Aber viele wissen eben nicht, dass es auch viele coole Dinge in der Stadt gibt. Da gibt es Läden, die schon 50 Jahre und länger bestehen, und viele kennen die tollen Angebote nicht, die mit viel Kenntnis ausgesucht werden. Vielleicht nehmen viele, die hier aufgewachsen sind, das für zu selbstverständlich und sehen das nicht mehr. Über die Social-Media-Kanäle kennen mich viele inzwischen und ich kann ihnen zeigen, wo die schönen Seiten der Stadt zu finden sind.

 

Wie ist der Ablauf, wenn Sie mit einer Händlerin oder einem Händler zusammenarbeiten?

Wir machen erst einmal eine Vorbesprechung und vereinbaren ein Fotoshooting. Mein Mann ist Fotograf und macht dann die Bilder. Die posten wir sechs bis acht Wochen auf Instagram. Dabei zeigen wir erst einmal alles, was der Laden zu bieten hat. Dann mache ich einen großen Blogbeitrag und dann erscheint der Laden im Einkaufsführer von Hof. Dabei achten wir darauf, dass wir den Laden personalisieren, das heißt wir stellen das Geschäft in den Mittelpunkt, nicht die Ware. Die könnte man ja auch woanders bekommen.

 

Und warum sind Sie überzeugt, dass die Leserinnen und Leser dann die Sachen im Laden kaufen?

Weil im Internet kaufen langweilig ist. Da drücken Sie nur Knöpfe. Hier in der Stadt ist die Atmosphäre viel schöner. Deswegen kommt es darauf an, das Persönliche im Laden zu zeigen. Dann können Sie noch einen Kaffee trinken gehen. Ich sage immer, in die Stadt zu gehen ist wie ein kleiner Urlaub zwischendurch.

 

Andere Städte betreiben Internetshops, um Produkte der Läden einer Stadt auch direkt verkaufen zu können. Warum gehen Sie in Hof einen anderen Weg?

Einen Internetshop werden wir definitiv nicht machen. Uns geht es darum, die jungen Menschen anzusprechen und etwas Schönes zu zeigen. Wir wollen ihnen zeigen, man muss gar nicht weit gehen, um so tolle Sachen zu erleben. Die Stadt hat was und das ist super.

 

Wie bringen Sie die Leserinnen und Leser dazu, immer wieder die Blogeinträge wahrzunehmen und zu lesen?

Wir bedienen die ganze Bandbreite der Kanäle und damit alle Altersgruppen, auf Instagram die Jüngeren und auf Facebook die Best-Ager. Ich poste jeden Tag über längere Zeit, damit die Produkte immer wieder in Erinnerung gebracht werden und die Leute sagen, „ach ja, da wollte ich ja noch hin“. Das ist mit sehr viel Disziplin verbunden. Ich habe dann ja auch noch meinen eigenen Account Sevendayslove. Denn ich poste sieben Tage die Woche. Da steckt schon viel Arbeit hinter.

 

Was bringt ein Blogeintrag einem Laden? Wie lässt sich der Erfolg messen?

Ja, die Händler merken, dass sie auf einmal bekannt werden, mehr Kunden scheinen auf. Meist gehen dann auch die Umsätze hoch. Die Händler merken dann, oh, Social Media bringt ja doch was.

 

Müssen sich Händlerinnen und Händler in Zukunft drauf einstellen, rund um die Uhr auch als Persönlichkeit für die Kundinnen und Kunden präsent zu sein?

Ja, viele haben noch nie die Bekanntschaft mit Social Media gemacht. Aber jeder Laden sollte sich präsentieren und auch präsent bleiben. Viele, die gemerkt haben, das bringt ja was, setzen sich jetzt hin und machen selbst etwas. Da ist aber noch viel Hilfe notwendig. Mein Mann gibt Workshops für die, die sich noch nicht so auskennen.

 

Was tun Sie sonst noch für die Stadt?

Wir organisieren außerdem Pop-up-Stores. Das heißt, wir eröffnen Läden für drei Monate, zum Beispiel mit bekannten Modelabels, die es hier nicht gibt. Wir suchen dabei schon etwas Besonderes und Angesagtes aus. Der Trend geht ja zurück. Online-Shops suchen bewusst wieder stationäre Flächen, um sich auch vor Ort zu präsentieren.

 

Empfinden das die Läden vor Ort nicht als Konkurrenz?

Ich sage mal, Konkurrenz beflügelt. Manchmal kommt schon Kritik auf. Aber ich achte darauf, Marken in die Stadt zu holen, die sonst kein anderer führt. Und dabei merken die Händler, dass wieder mehr Frequenz in die Innenstadt kommt. Davon profitieren dann alle. Und die Händler können am lebenden Objekt betrachten, wie machen die den Laden, wie zeigen sie ihre Ware und wie sehen die Schaufenster aus? Das beflügelt.

 

Worin besteht für Sie der Spaßfaktor an der Arbeit?

Ich habe einfach Spaß am Einkaufen. Außerdem ist Hof meine Heimat und die möchte ich präsenter machen. Viele Händler brauchen da dringend Hilfe. Ich möchte, dass die Leute Lust haben, in die Stadt zu gehen und dort einzukaufen.

 

Erfahren Sie mehr, diskutieren Sie mit. Halten Sie sich auf der Leipziger Buchmesse den 21. März von 15 bis 17 Uhr frei. Neben Debora und Mirko Fikentscher geht es um die Fragen, wie lassen sich Veranstaltungen finanzieren und wie kann ich meine Beratungskompetenz ins Internet übertragen. Seien Sie dabei: Halle 5 F 600 Fachforum II. Hier erfahren Sie mehr:

LBM

 


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